Neue Maßnahmen zur Verhinderung von Corona am Arbeitsplatz
In den öffentlichen Medien wurde bereits berichtet, dass die 3G-Regel nunmehr auch ab 01. November 2021 am Arbeitsplatz eingeführt wird. Wer nicht geimpft oder genesen ist, muss sich somit künftig regelmäßig testen, damit er seiner beruflichen Tätigkeit nachgehen kann. Die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Maßnahmen, die zur Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 ergriffen werden (3. COVID-19-Maßnahmenverordnung oder kurz 3. COVID-19-MV) wurde am 25. Oktober 2021 veröffentlicht.
§ 9 Abs 1 der 3. COVID-19-MV regelt:
Ort der beruflichen Tätigkeit
§ 9. (1) Arbeitnehmer, Inhaber und Betreiber dürfen Arbeitsorte, an denen physische Kontakte zu anderen Personen nicht ausgeschlossen werden können, nur betreten, wenn sie über einen 3G-Nachweis verfügen. Nicht als Kontakte im Sinne des ersten Satzes gelten höchstens zwei physische Kontakte pro Tag, die im Freien stattfinden und jeweils nicht länger als 15 Minuten dauern.
§ 9 Abs 4 der 3. COVID-19-MV sieht ergänzend vor, dass im Hinblick auf das Tragen einer Maske und die Vorlage eines Nachweises einer geringen epidemiologischen Gefahr in begründeten Fällen über die Verordnung hinausgehende, strengere Regelungen vorgesehen werden können.
Daraus ergibt sich, dass ein 3G-Nachweis am Arbeitsplatz zu erbringen ist, wenn dort ein Kontakt mit anderen Personen nicht ausgeschlossen werden kann. Für Arbeitnehmer, die sich ausschließlich im Home-Office befinden, ändert sich logischerweise nichts. Diese haben keinen 3G-Nachweis beizubringen.
Arbeitnehmer, Inhaber und Betreiber, die über keinen 3G-Nachweis gemäß § 9 Abs 1 der 3. COVID-19-MV verfügen, haben gemäß § 19 Abs 10 der 3. COVID-19-MV am Arbeitsort durchgehend eine Maske zu tragen. § 19 Abs 10 der 3. COVID-19-MV tritt allerdings mit 15. November 2021 außer Kraft. Es ist sodann am Arbeitsplatz grundsätzlich ein 3G-Nachweis notwendig.
Kündigung oder sogar Entlassung?
Einer der springenden Fragen ist sicherlich, mit welchen Konsequenzen die Arbeitnehmer zu rechnen haben, wenn sie etwa keine Maske am Arbeitsplatz tragen oder ab dem 15. November 2021 keinen 3G-Nachweis beibringen.
Können die Arbeitnehmer gekündigt oder sogar fristlos entlassen werden?
Der OGH hatte sich zuletzt mit einer Kündigung eines Diplomkrankenpflegers wegen der Verweigerung regelmäßiger Corona-Tests beschäftigt.
Der klagende Diplomkrankenpfleger wurde von seinem Arbeitgeber gekündigt, weil er sich beharrlich weigerte, sich einmal wöchentlich – unabhängig von Krankheitssymptomen – auf Kosten des Dienstgebers einem Antigen-Test oder einer molekularbiologischen Testung auf SARS-CoV-2 zu unterziehen. Er verweigerte die Testungen nicht deshalb, weil dabei ein Nasenabstrich genommen wird, sondern weil er die „Sinnhaftigkeit des Tests in Zweifel zog“.
Der Diplomkrankenpfleger klagte seinen ehemaligen Arbeitgeber und beantragte mittels seiner Kündigungsanfechtungsklage, die Kündigung für rechtsunwirksam zu erklären. Die Kündigung sei aufgrund eines „verpönten Motivs“ erfolgt. Sowohl das Erstgericht und das Berufungsgericht gaben allerdings dem beklagten Arbeitgeber recht – eine Entscheidung, die schließlich auch der OGH in seiner Entscheidung zu 8 ObA 42/21s bestätigte.
In seiner Kündigungsanfechtung stützte sich der Diplomkrankenpfleger auf den „Schutz von Grund- und Freiheitsrechten“. Einen (unverhältnismäßigen) Eingriff in Persönlichkeitsrechte durch die regelmäßigen Testungen auf SARS-CoV-2 behauptete der Kläger gar nicht konkret. Die Interessenabwägung fiel aus Sicht der Gerichte „jedenfalls zugunsten der Testpflicht aus“. Es gehe eben nach Ansicht der Gerichte nicht nur um den Schutz der Mitarbeiter am Arbeitsplatz, sondern insbesondere „um den Schutz der Heimbewohner als bekanntermaßen besonders vulnerabler Bevölkerungsgruppe.“
Der OGH sprach zusammengefasst Folgendes aus: Wenn einem Arbeitgeber – wie einem Betreiber eines Alten- und Pflegeheims – durch eine Verordnung des Gesundheitsministeriums vorgeschrieben wird, dass er nur solchen Mitarbeitern Zutritt zum Betrieb gewähren darf, bei denen in regelmäßigen Abständen ein Antigen-Test auf SARS-CoV-2 oder ein molekularbiologischer Test auf SARS-CoV-2 durchgeführt wird, ergibt sich daraus eine zumindest mittelbare Verpflichtung des Arbeitnehmers, sich den vom Arbeitgeber angeordneten Tests zu unterziehen, damit der Arbeitgeber ihn weiter im Alten- und Pflegeheim beschäftigen und er seinem Arbeitsvertrag nachkommen kann.
Weigert sich der Arbeitnehmer ohne besondere gesundheitliche Gründe beharrlich, sich den angeordneten regelmäßigen Corona-Tests zu unterziehen, weil er deren Sinnhaftigkeit in Zweifel zieht, liegt keine unwirksame Motivkündigung nach § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG vor, wenn der Arbeitnehmer wegen der unbegründeten Verweigerung der Testungen vom Arbeitgeber gekündigt wird.
Im Hinblick darauf, dass nun für sämtliche Arbeitgeber und Arbeitnehmer ab dem 15. November 2021 die 3G-Pflicht am Arbeitsplatz gilt, lässt sich die Entscheidung des OGH auch auf die neue 3G-Regel gemäß der 3. COVID-19-MV übertragen. Für den OGH war in der Entscheidung betreffend den Diplomkrankenpfleger maßgeblich, dass die Tests vom Gesundheitsminister verordnet wurden. Nichts anderes kann somit in Bezug auf die 3G-Pflicht auf Grundlage der 3. COVID-19-MV gelten.
Arbeitnehmer können somit mit dem Ausspruch einer Kündigung konfrontiert sein, wenn sie sich zukünftig weigern, einen 3G-Nachweis beizubringen. In der Praxis wird der Arbeitgeber aber zunächst den Arbeitnehmer oder die betroffene Arbeitnehmerin auffordern, einen Test umgehend einzuholen. Wenn sich die Arbeitnehmer allerdings der Weisung hinsichtlich der Einholung eines Tests beharrlich widersetzen, wird eine Pflichtverletzung vorliegen. Es wäre sodann sogar möglich, dass der Arbeitgeber sofort eine Entlassung ausspricht.
Missachtung der angeordneten Absonderung als Corona-Verdachtsfall – Ausspruch einer Entlassung
Der OGH hatte sich mit einem weiteren „CORONA“-Fall zu beschäftigen und zwar in einer aktuellen Entscheidung zu 8 ObA 54/21 f.
Die Vorinstanzen gingen übereinstimmend davon aus, dass die Klägerin den Entlassungstatbestand der Vertrauensunwürdigkeit gesetzt hatte, weil sie am 16.03.2020 ungeachtet einer am Vortag anlässlich einer Testung gemäß § 7 Epidemiegesetz bis zum Vorliegen des Testergebnisses angeordneten Absonderung als Corona-Verdachtsfall – eigenmächtig und ohne den Dienstgeber darüber zu informieren – zum Dienst erschien und dadurch zumindest fahrlässig alle Kolleginnen ihrer Abteilung der Gefahr der Verbreitung einer übertragbaren Krankheit ausgesetzt hatte.
Der OGH bestätigte jedenfalls die Ansicht der Vorinstanzen, wonach das Verhalten der Klägerin den Arbeitgeber zur Entlassung wegen Vertrauensunwürdigkeit berechtigte.
Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass sich der OGH bald wieder mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Arbeitsverhältnisse befassen wird.