Verkehrsunfälle können hohe Schäden für den Schädiger und den Geschädigten verursachen. Damit ein Verkehrsunfall nicht zum finanziellen Zusammenbruch führt, ist in Österreich der Abschluss einer Kfz-Haftpflichtversicherung Voraussetzung für den Erhalt eines Kennzeichens und somit für die Zulassung zum Verkehr. Bei einem Verkehrsunfall mit einem Kraftfahrzeug im Sinne des Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetzes (EKHG), kann der Geschädigte sohin seine Schadenersatzansprüche nicht nur direkt gegenüber dem Schädiger geltend machen, sondern auch gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Kfz und dem Halter.
Neben dem Fall, dass der Schädiger dem Grunde nach den gesamten Schaden zu ersetzen hat, kann es bei Mitschuld des Geschädigten auch dazu kommen, dass nur ein teilweiser Ersatz (z.B. 1:1 oder 1:2 Verschuldensteilung) zusteht.
Folgende Ansprüche können dem Geschädigten zustehen:
Das Schmerzengeld soll dem Geschädigten einen Ausgleich für erlittene körperliche und seelische Schmerzen bieten. Die Höhe des zustehenden Schmerzengeldes wird einzelfallbezogen bemessen und orientiert sich an der Dauer und Intensität sowie der Schwere der Beeinträchtigung. Als Orientierungshilfe zur Bemessung des Schmerzengeldes hat sich das Tagessatzsystem etabliert, welches nach leichten, mittleren und starken Schmerzen differenziert. Folgende Richtsätze (komprimiert auf den 24 Stunden Tag) werden angewendet:
- Leichte Schmerzen: zwischen EUR 120,00 und EUR 130,00 pro Tag
- Mittlere Schmerzen: zwischen EUR 240,00 und EUR 260,00 pro Tag
- Starke Schmerzen: zwischen EUR 360,00 und EUR 400,00 pro Tag
Der Schmerzengeldzuspruch hat somit stets individuell zu erfolgen, weil die Richtsätze nur eine Orientierungshilfe darstellen.
VOLLSTÄNDIGE REPARATURKOSTEN ODER OBJEKTIVER MINDERWERT
Sofern eine Reparatur erfolgt, stehen die angemessenen Reparaturkosten laut Rechnung der Werkstätte zu.
Wenn keine Reparatur erfolgt, bzw keine entgeltliche Reparatur nachgewiesen werden kann, steht dem Geschädigten die objektive Wertminderung zu. Dabei handelt es sich um die Differenz zwischen dem Zeitwert im unbeschädigten und jenem im beschädigten Zustand. Diese Werte sind in der Praxis von einem Sachverständigen individuell zu ermitteln. Meist bewegt sich dieser Betrag zwischen 60 und 80 Prozent der Reparaturkosten in einer Werkstätte.
MERKANTILER MINDERWERT DES KRAFTFAHRZEUGES
Zusätzlich zu den zu ersetzenden Reparaturkosten kann ein sogenannter merkantiler Minderwert vom Geschädigten geltend gemacht werden. Es handelt sich um den Differenzbetrag zwischen dem Zeitwert des beschädigten und sodann fachmännisch reparierten Kfz und einem vergleichbaren unbeschädigten Kfz (ohne Vorschaden). Dieser Entschädigungsbetrag beruht auf dem Grundgedanken, dass selbst wenn ein Kfz nach einem Unfall fachmännisch repariert wird, ein potentieller Käufer meist nur bereit ist, einen geringeren Kaufpreis zu zahlen. Eine Entschädigung steht jedoch grundsätzlich nur bei Kfz zu, die zum Unfallzeitpunkt nicht älter als drei Jahre waren.
(FIKTIVE) HAUSHALTSHILFE UND (FIKTIVE) PFLEGEKOSTEN
Durch eine unfallbedingte Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit können unter Umständen auch Ersatzansprüche für Dienstleistungen geltend gemacht werden, die in Folge der körperlichen Einschränkung entstehen bzw entstanden sind. Hierbei ist es keineswegs zwingend notwendig, dass der Haushalt tatsächlich von einer Fachkraft bzw die Pflege von professionellem Pflegepersonal vorgenommen wird. Vielmehr wird auch der Zusatzaufwand, der Angehörigen des Geschädigten durch die Haushalts- und Pflegetätigkeiten entstehen, ersetzt. Ebenso ersatzfähig ist jene Zeit, die der Geschädigte selbst durch die körperliche Beeinträchtigung zusätzlich für die Haushaltsführung bzw die Pflege aufwenden muss. Die Ansprüche bestehen auch dann, wenn tatsächlich keine Zahlungen erfolgt sind.
VERUNSTALTUNGSENTSCHÄDIGUNG
Wird der Geschädigte durch den Verkehrsunfall verunstaltet und kann dadurch das bessere Fortkommen behindert werden, dann gebührt eine Entschädigung. Das äußere Erscheinungsbild des Geschädigten muss dabei (nicht nur völlig unwesentlich) nachteilig verändert worden sein (ua. Fehlstellungen, Narben) bzw. Einfluss auf dieses haben (Sprachstörung, Stuhlinkontinenz, Neigung zu Aggressionen, Impotenz). Für die (abstrakte) Möglichkeit der Behinderung einer Verbesserung der Lebenslage (ua. Verhinderung des beruflichen Aufstiegs, Verminderung der Heiratsaussichten) wird es als ausreichend erachtet, dass eine geringgradige Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts besteht.
VERDIENTSENTGANG
Der Geschädigte hat weiters Anspruch auf jeden entgangenen bzw auf den künftig entgehenden Verdienst. Voraussetzung für den Ersatz des Verdienstentgangs ist, dass der Geschädigte unfallbedingt insgesamt ein geringeres Einkommen erzielt als er ohne den Unfall erzielt hätte. Der Begriff des Verdienstes wird in der Rechtsprechung weit ausgelegt (ua. Trinkgelder eines Kellners, Naturalleistungen des Dienstgebers, Erschwerniszulage).
TRAUERSCHMERZENGELD
Trauerschmerzengeld steht bei seelischem Schmerz ohne Krankheitswert durch den Verlust eines nahen Angehörigen zu. Es steht jedoch grundsätzlich nur bei grobem Verschulden des Schädigers zu. Für die Eigenschaft als Angehöriger kommt es auf eine enge Gefühlsbindung an. Eine solche wird zwischen Eltern und Kindern, zwischen Ehegatten und Lebensgefährten und zwischen Geschwistern im gleichen Haushalt als typischerweise vorhanden angenommen. Für die Höhe des Anspruches sind die Intensität der Gefühlsgemeinschaft und die Schwere des Verschuldens beim Schädiger relevant.
WEITERE UNFALLKAUSALE KOSTEN
Weitere unfallkausale Kosten wären beispielweise Fahrtkosten (zu Krankenbehandlungen), Parkgebühren oder aber auch Kosten für Physiotherapieeinheiten bzw die jeweiligen Selbstbehalte.
Zu beachten sind weiters Regressforderungen der Sozialversicherungsträger sowie auch der Privatversicherer.